Vielleicht....?

Meine großen Worte werden mich nicht vor dem Tod schützen

und meine kleinen Worte werden mich nicht vor dem Tod schützen
überhaupt kein Wort
und auch nicht das Schweigen zwischen den großen und kleinen Worten
wird mich vor dem Tod schützen.

Aber vielleicht - werden einige dieser Worte
und vielleicht - besonders die kleineren
oder auch das Schweigen zwischen den Worten
einige vor dem Tod schützen wenn ich tot bin?
(Erich Fried)

15. November 2011

Liebesgedichte? Immer wieder und immer wieder schön!

Immer noch schreiben die Dichter
Von der Liebe.
Sie sagen noch immer:
Du bist schön, meine Freundin.
Und:
Dein Haar ist ein Nest von Schlagen.
Seit tausend Jahren
Ist der Mond der Gefährte der Liebenden:
Träumender Mond – gelber Mond – bitteres Kräutergesicht.

Ein Bahnhof. Eine Straße.
Ein Leuchtturm.
Daneben beginnt schon der Traum:
Auf Siebensternenschuhn
Traumwandeln die Liebenden
Über das Seil
es ist rechts kein Weg,
es ist links kein Heil –
Bitter sind Mandeln und Mohn.

Orpheus und Eurydike,
Ophelia – Daphne – Isolde,
alles ist vorgeliebt.
Ewige Wiederkehr,
Ewiger Widerspruch.
Ewiges: Komm – Bleib – Geh.

Im Orden der Liebe
Währen Gelübde nicht ewig.
Der Mantel zerreißt,
auf der Haut die Zeichen der Fremdheit,
im Geröll des Versäumten:
die schreckliche Leere.

Wer bist du, den ich liebe?
Wo bist du, wenn du träumst, Gefährtin?

Fragen, Beschwörungen.
Registratur der Gefühle.
Aufzeichnungen des Flüchtigen:
Gedichte der Liebe.
Sprachgitter
Versperren das Reich der Liebenden
Verschlüssellungen,
Symbole:
Kranich – Delphin – und Krug.
Der Krug,
dunkel, bewahrend, zerbrechlich.
Der Krug für den Liebestrank.
Der Krug für die Tränen.
Der Krug, der zum Brunnen geht.
Im Rösselsprung
Zum Nahen zu Fernem,
von Bild zu Gleichnis
ist der Zugang behütet
vor flüchtigem Zugriff.

Befugt ist nur, wer liebt.


(Christine Brückner)


Dieser Text ist das „Nachwort“ aus dem Buch „Botschaften der Liebe – In deutschen Gedichten des 20. Jahrhunderts“ - herausgegeben von Christine Brückner (* 10. Dezember - † 21. Dezember ) einer deutschen Schriftstellerin.

Zentrale Anliegen in ihren eigenen Werken waren Sinnstiftung, Moral und auch Trost in der durchaus auch unterhaltsamen Behandlung elementarer menschlicher Themen insbesondere aus der Frauenperspektive. Diese gründeten im protestantischen Weltbild der Autorin als Pastorentochter. Sie veröffentlichte zahlreiche Romane, die aus der Perspektive der Frau vorwiegend Probleme von Liebe, Ehe und Partnerschaft thematisieren und Möglichkeiten der weiblichen Selbstverwirklichung durchspielen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Christine_Br%C3%BCckner

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